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Rekorddefizite in Sachsens Kommunen, ein umstrittenes Tariftreuegesetz in NRW, monatelange Wartezeiten auf Einspeisevergütungen für Solaranlagenbesitzer, wachsende Unsicherheit im Welthandel durch neue Zölle und der dramatische Absturz der russischen Kohleindustrie: Der aktuelle Pressespiegel beleuchtet die wirtschaftlichen Brennpunkte, die Deutschland und die Welt bewegen.
Sachsens Kommunen rutschen in Rekordminus
Die Städte und Gemeinden in Sachsen haben im Jahr 2024 ein Rekorddefizit von 840 Millionen Euro verzeichnet. Laut dem Kommunalen Finanzreport der Bertelsmann Stiftung ist dies das höchste Defizit in der bundesdeutschen Geschichte. Die Ausgaben der Kommunen stiegen innerhalb eines Jahres um zehn Prozent, während die Steuereinnahmen aufgrund der schwachen wirtschaftlichen Lage stagnierten.
Besonders auffällig ist der Anstieg der Personalkosten, die sich in den letzten zehn Jahren um die Hälfte erhöht haben. Die Sozialausgaben stiegen innerhalb von zwei Jahren um ein Drittel auf rund vier Milliarden Euro. Viele dieser Ausgaben sind gesetzlich vorgeschrieben, werden jedoch nicht vom Bund gegenfinanziert. Trotz eines Ausgabenrekords von 2,6 Milliarden Euro für die kommunale Infrastruktur wächst der Investitionsstau weiter, auch bedingt durch hohe Inflationsraten in der Baubranche. Sachsen hat im Vergleich zu anderen Bundesländern seine frühere Spitzenposition bei Investitionen verloren.
„Das Defizit des Jahres 2024 markiert eine Zeitenwende, welche die finanzielle Handlungsfähigkeit der Kommunen nachhaltig infrage stellt“, sagte die Vorständin der Stiftung, Brigitte Mohn.
Jahr | Defizit (Mio. €) | Sozialausgaben (Mrd. €) | Investitionen (Mrd. €) |
---|---|---|---|
2024 | 840 | 4 | 2,6 |
- Personalkosten stiegen in 10 Jahren um 50 %
- Sozialausgaben in 2 Jahren um 33 % gestiegen
- Investitionsstau trotz Rekordausgaben
Infobox: Sachsens Kommunen stehen vor großen finanziellen Herausforderungen. Die strukturellen Probleme, insbesondere bei den Sozialausgaben und der Inflation, bleiben ungelöst. (Quelle: SZ.de, dpa/Bertelsmann Stiftung)
NRW-Tariftreuegesetz auf den Weg gebracht
In Nordrhein-Westfalen wurde das seit Jahren von Gewerkschaften geforderte Tariftreuegesetz in die Abstimmung gebracht. Ein Referentenentwurf befindet sich aktuell im Praxischeck und wird auf Optimierungs- und Harmonisierungsmöglichkeiten geprüft, wie das Arbeitsministerium mitteilte. Ein konkreter Zeitpunkt für die Verabschiedung im Landeskabinett und die Einbringung in den Landtag steht noch nicht fest.
Das Gesetz soll sicherstellen, dass Unternehmen bei öffentlichen Aufträgen ihre Beschäftigten nach Tarif bezahlen. Im Bundesgesetz ist vorgesehen, dass dies künftig für Aufträge des Bundes verpflichtend wird. Die Auswirkungen auf den Mittelstand werden von der Clearingstelle Mittelstand geprüft. Die SPD-Opposition kritisiert die unklare Zeitschiene und befürchtet, dass Kommunen von der Tariftreue ausgenommen werden könnten, was die Wirksamkeit des Gesetzes einschränken würde. Der Unternehmerverband NRW bezeichnete das bundesweite Tariftreuegesetz als „völlig kontraproduktiv und rückwärtsgewandt“ und warnt vor zusätzlicher Bürokratie.
Jahr | Tarifbindung (%) |
---|---|
2023 | 51 |
vor 30 Jahren | 82 |
- Nur noch 51 % der Beschäftigten in NRW arbeiten mit Tarifvertrag (2023)
- Vor 30 Jahren lag die Tarifbindung bei 82 %
- CDU und Grüne haben im Koalitionsvertrag festgelegt, dass tarifgebundene Firmen bei öffentlicher Vergabe bevorzugt werden sollen
Infobox: Das Tariftreuegesetz in NRW soll die Tarifbindung stärken, ist aber politisch umstritten und könnte für den Mittelstand zusätzliche Bürokratie bedeuten. (Quelle: SZ.de, dpa/Hans-Böckler-Stiftung)
Solaranlagenbesitzer warten teils über ein Jahr auf Einspeisevergütung
In Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen müssen viele Besitzer von Solaranlagen monatelang auf ihre Einspeisevergütung warten. Laut Claudia Kreft von der Verbraucherzentrale Thüringen sind Verzögerungen von über einem Jahr keine Seltenheit. Besonders in Sachsen-Anhalt, wo Mitnetz der größte Netzbetreiber ist, gibt es zahlreiche Beschwerden. Die Verzögerungen werden auf Nachwirkungen einer IT-Umstellung zurückgeführt, die vor allem ältere Anträge betrifft. Die meisten Fälle sollen in den kommenden Monaten abgearbeitet werden, das Geld wird rückwirkend ausgezahlt. Aktuell dauert der Prozess von der Anmeldung bis zur Abrechnung etwa 20 Wochen.
Auch Sachsennetze meldet längere Bearbeitungszeiten, was auf den Boom der Erneuerbaren und komplexere gesetzliche Regelungen zurückgeführt wird. In Thüringen gibt es vor allem nach einem Zählerwechsel Probleme, wie die Verbraucherzentrale berichtet. Die Einspeisevergütung sinkt ab dem 1. August wie jedes Halbjahr um ein Prozent. Derzeit erhalten Betreiber kleiner Anlagen 7,94 Cent pro Kilowattstunde bei Teileinspeisung und 12,60 Cent bei Volleinspeisung. Die neuen Werte werden von der Bundesnetzagentur am 1. August veröffentlicht.
Vergütung (Cent/kWh) | Teileinspeisung | Volleinspeisung |
---|---|---|
bis 31. Juli | 7,94 | 12,60 |
- Bearbeitungszeit von Anmeldung bis Abrechnung: aktuell ca. 20 Wochen
- In Einzelfällen Wartezeiten über ein Jahr
- Vergütung sinkt ab 1. August um 1 %
Infobox: Solaranlagenbesitzer in Mitteldeutschland müssen teils sehr lange auf ihre Einspeisevergütung warten. Die Vergütungssätze werden zum 1. August erneut gesenkt. (Quelle: SZ.de, dpa/Verbraucherzentrale Thüringen)
Zölle im Welthandel: Ist die freie Wirtschaft am Ende?
Der Ökonom Milan Babić, Associate Professor an der Universität Amsterdam, analysiert im Gespräch mit SWR1 die aktuelle Entwicklung im Welthandel. Die Zeit der neoliberalen Globalisierung, geprägt von freiem Handel und wenig staatlicher Regulierung, scheint durch die erste Amtszeit von US-Präsident Donald Trump, die Corona-Pandemie und die aktuelle Zollpolitik vor einem Umbruch zu stehen. Babić untersucht das Wechselspiel von Markt und Staat und fragt, ob das Ende der Globalisierungslogik erreicht ist und eine Rückkehr zu regionalen Wirtschaftskreisläufen bevorsteht.
Im Rahmen der Sendung werden auch die Herausforderungen für die deutsche Wirtschaft thematisiert. Prof. Moritz Schularick, Präsident des Kiel Instituts für Weltwirtschaft, kritisiert die aktuelle Wirtschaftspolitik in Deutschland und sieht Verbesserungsbedarf. Zudem wird die Zukunft der Automobilindustrie diskutiert, insbesondere im Hinblick auf das Verbrenner-Aus der EU und die Transformation zur Elektromobilität, wie Škoda-Chef Klaus Zellmer erläutert.
- Weltweite Zölle und politische Eingriffe verändern die Spielregeln des Welthandels
- Experten sehen eine mögliche Rückkehr zu regionalen Wirtschaftskreisläufen
- Deutsche Wirtschaftspolitik steht in der Kritik, insbesondere hinsichtlich Innovationskraft und Transformation
„Wir besprechen, wie eine neue wirtschaftliche Weltordnung aussehen kann.“ (Milan Babić, SWR1)
Infobox: Die Globalisierung steht vor einem Wendepunkt. Experten diskutieren, ob eine neue Weltordnung mit mehr staatlicher Regulierung und regionalen Wirtschaftskreisläufen bevorsteht. (Quelle: SWR1/SWR)
Russlands Kohleindustrie im freien Fall
Die russische Wirtschaft steht vor erheblichen Problemen, insbesondere in der Kohleindustrie. Laut T-Online befindet sich dieser Sektor im freien Fall, da weltweit die Preise sinken und westliche Sanktionen die Lage verschärfen. Dutzende Betriebe stehen vor dem Aus, was auch die Wirtschaft ganzer Regionen bedroht. Die Banken befürchten eine steigende Zahl „fauler Kredite“, und viele Unternehmen geraten in Zahlungsschwierigkeiten.
Auch die Rüstungsindustrie, die in den vergangenen Jahren stark gefördert wurde, kämpft mit Engpässen bei Personal und Material. Energieexporte machen rund 25 Prozent des russischen Staatshaushalts aus, doch auch bei Öl und Gas sind die Einnahmen zuletzt deutlich gesunken. Die Situation in der Kohlebranche ist so dramatisch, dass selbst hochrangige Politiker keine beschönigenden Worte mehr finden.
- Kohleindustrie Russlands durch Preisverfall und Sanktionen massiv unter Druck
- 25 % des russischen Staatshaushalts stammen aus Energieexporten
- Banken und Unternehmen befürchten Zahlungsausfälle und steigende Risiken
Infobox: Die russische Kohleindustrie steht vor dem Zusammenbruch. Die wirtschaftlichen Probleme könnten sich auf weitere Sektoren und die Stabilität des Landes auswirken. (Quelle: T-Online)
Einschätzung der Redaktion
Das Rekorddefizit der sächsischen Kommunen ist ein deutliches Warnsignal für die kommunale Selbstverwaltung und die Stabilität öffentlicher Dienstleistungen. Die Kombination aus stark gestiegenen Sozial- und Personalkosten, stagnierenden Einnahmen und einem wachsenden Investitionsstau gefährdet die Zukunftsfähigkeit der Städte und Gemeinden. Ohne grundlegende Reformen bei der Finanzierung und Aufgabenverteilung zwischen Bund, Ländern und Kommunen drohen dauerhafte Einschränkungen bei Infrastruktur, Bildung und sozialer Daseinsvorsorge. Die Entwicklung unterstreicht die Dringlichkeit, die kommunalen Finanzen strukturell zu stärken und gesetzliche Vorgaben mit ausreichenden Mitteln zu hinterlegen.
Infobox: Die finanzielle Handlungsfähigkeit der Kommunen in Sachsen ist akut bedroht. Strukturelle Reformen und eine bessere Gegenfinanzierung gesetzlicher Aufgaben sind dringend erforderlich.
Quellen:
- Kommunale Finanzen - Sachsens Kommunen rutschen in Rekordminus - Wirtschaft - SZ.de
- Löhne - NRW-Tariftreuegesetz auf den Weg gebracht - Wirtschaft - SZ.de
- Einspeisevergütung - Solaranlagenbesitzer warten teils über ein Jahr auf ihr Geld - Wirtschaft - SZ.de
- Zölle im Welthandel: Ist die freie Wirtschaft am Ende?
- Neue Probleme in Russlands Wirtschaft: Putins Kohleindustrie ist im freien Fall
- Wirtschaft - Gut & Börse