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Russlands Wirtschaft gerät zunehmend unter Druck: Sekundärsanktionen, ein drastisch gestiegener Leitzins und die Abkühlung der Konjunktur setzen dem Land zu. Gleichzeitig fordert die deutsche Wirtschaft ein radikales Reformprogramm, um die anhaltende Wachstumsschwäche und den drohenden Fachkräftemangel zu bekämpfen. Auch international verschärfen sich die Risiken – das US-Handelsdefizit erreicht Rekordhöhen, Trumps Zollpolitik sorgt für Unsicherheit, und eine mögliche US-Rezession bedroht die deutsche Exportindustrie. Der Pressespiegel beleuchtet die aktuellen Herausforderungen und zeigt, wie eng die globalen Wirtschaftsverflechtungen geworden sind.
Russlands Wirtschaft unter Druck: Sekundärsanktionen und Konjunkturabkühlung
Die russische Wirtschaft zeigte sich in den vergangenen Jahren trotz westlicher Sanktionen widerstandsfähig. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) wuchs 2023 um 4,1 Prozent und 2024 um 4,3 Prozent. Doch laut dem Kieler Institut für Weltwirtschaft wird für das laufende Jahr nur noch ein Wachstum von 1,5 Prozent erwartet, für 2026 sogar nur noch 0,8 Prozent. Die Russische Zentralbank rechnet für 2025 mit einem BIP-Wachstum von 1,0 bis 2,0 Prozent und für 2026 mit 0,5 bis 1,5 Prozent. Das Münchner Ifo-Institut prognostiziert für 2026 sogar ein Schrumpfen der Wirtschaft um 0,8 Prozent.
Der Leitzins der russischen Notenbank liegt aktuell bei 21 Prozent, was Investitionen hemmt. Besonders betroffen sind der Automobilsektor, Maschinenbau, Bau und Stahlindustrie. Der Rubel konnte seit Jahresanfang gegenüber dem US-Dollar um rund 40 Prozent zulegen, was auf die Russland-freundliche Haltung von US-Präsident Donald Trump zurückgeführt wird. Nach der Verschärfung der US-Sanktionen gegen die Gazprombank im November 2024 verlor der Rubel jedoch innerhalb kurzer Zeit ein Viertel seines Werts gegenüber dem US-Dollar, begleitet von Panikverkäufen an den Aktienmärkten.
Im US-Senat wird ein Gesetzesentwurf vorbereitet, der Sekundärzölle auf Länder vorsieht, die russische Energieprodukte importieren. Besonders betroffen wären China und Indien, die 2024 für rund 40 Prozent der russischen Importe und 30 Prozent der Exporte verantwortlich waren. Beide Länder absorbieren mehr als die Hälfte der russischen Ölexporte. Auch die Türkei spielt eine wichtige Rolle, da sie sich den westlichen Sanktionen nicht angeschlossen hat.
Russische Banken haben ein Verrechnungssystem namens "China Track" aufgebaut, um den Zahlungsverkehr mit China zu ermöglichen und Sanktionen zu umgehen. Laut Alexander Schokhin, Chef des russischen Unternehmerverbands, könnten chinesische Partner bald keine Angst mehr vor Sekundärsanktionen haben.
Jahr | BIP-Wachstum Russland |
---|---|
2023 | +4,1 % |
2024 | +4,3 % |
2025 (Prognose) | +1,5 % (Kieler Institut), 1,0–2,0 % (Zentralbank) |
2026 (Prognose) | +0,8 % (Kieler Institut), 0,5–1,5 % (Zentralbank), -0,8 % (ifo-Institut) |
- Leitzins Russland: 21 %
- Rubel-Aufwertung seit Jahresanfang: +40 %
- Rubel-Abwertung nach US-Sanktionen: -25 %
Infobox: Die russische Wirtschaft steht vor einer deutlichen Abkühlung. Sekundärsanktionen könnten insbesondere China, Indien und die Türkei treffen. (Quelle: DW)
Deutsche Wirtschaft: Forderungen nach Reformen und 100-Tage-Programm
Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) fordert von der neuen Bundesregierung ein radikales 100-Tage-Programm für mehr Wachstum. Präsident Peter Adrian betont, dass Deutschland an einem entscheidenden Wendepunkt stehe. Die DIHK schlägt unter anderem beschleunigte Verfahren, Bürokratieabbau, günstigere Energie, mehr Tempo bei Digitalisierung und Zuwanderung vor.
- Bürokratieabbau: Ausbau der Glasfaser- und Mobilfunknetze als "überragendes öffentliches Interesse", Abschaffung des Lieferkettengesetzes, Entschlackung des Gebäudeenergiegesetzes.
- Senkung der Energiepreise: Senkung der Stromsteuer ab 1. Juli, Halbierung der Übertragungsnetzentgelte bis spätestens 1. Januar 2026, kurzfristige Ermöglichung von CO2-Abscheidung und -Speicherung.
- Investitionsanreize: Vereinfachte Abschreibemöglichkeiten (degressive AfA) rückwirkend zum 1. Januar, vorgezogene Senkung der Körperschaftssteuer.
- Digitalisierung: Sicherer rechtlicher Rahmen für KI-Anwendungen, Benennung einer verantwortlichen Behörde für den AI-Act.
- Fachkräftesicherung: Unkomplizierte befristete Weiterbeschäftigung im Rentenalter, Flexibilisierung der Arbeitszeiten, Aufenthaltstitel für ausländische Azubis und Studenten nach Abschluss.
Adrian betont, dass die Handlungsfähigkeit der neuen Bundesregierung auch international ein Zeichen setzen könne. (Quelle: RND.de)
Infobox: Die DIHK fordert ein umfassendes Reformpaket, um Deutschland als Wirtschaftsstandort zu stärken und international wettbewerbsfähig zu halten. (Quelle: RND.de)
Deutsche Konjunktur: Erholung bleibt aus, Risiken durch US-Zölle
Im ersten Quartal 2025 wuchs das deutsche Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 0,2 Prozent zum Vorquartal. Auch die Europäische Union (+0,3 %) und der Euroraum (+0,4 %) verzeichneten ein leichtes Wachstum. Der private Konsum und gestiegene Löhne bei abgeebbter Inflation (2,1 % im April) trugen zur Erholung bei. Die Arbeitslosenquote lag im April bei 6,3 Prozent, mit 2,932 Millionen Arbeitslosen – 182.000 mehr als vor einem Jahr.
Trotz des leichten Wachstums droht Deutschland 2025 das dritte Rezessionsjahr in Folge – ein Novum in der Geschichte der Bundesrepublik. Im Schlussquartal 2024 war das BIP noch um 0,2 Prozent geschrumpft. Experten wie Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer und Sebastian Dullien vom IMK fordern schnelle Wachstumsimpulse von der neuen Bundesregierung, um die inländische Nachfrage zu stabilisieren. US-Zölle könnten die deutschen Exporte im zweiten Halbjahr stark belasten.
Quartal | BIP-Wachstum Deutschland | BIP-Wachstum EU | BIP-Wachstum Euroraum |
---|---|---|---|
Q1 2025 | +0,2 % | +0,3 % | +0,4 % |
- Inflationsrate April: 2,1 %
- Arbeitslosenquote April: 6,3 %
- Arbeitslose: 2,932 Millionen
- Deutsche Exporte in die USA 2024: 161 Milliarden Euro (über 10 % aller Exporte)
Infobox: Die deutsche Wirtschaft wächst leicht, steht aber vor erheblichen Risiken durch US-Zölle und eine schwächelnde Exportnachfrage. (Quelle: Badische Zeitung)
Fachkräftemangel: Arbeit im Rentenalter wird immer wichtiger
Bis 2036 erreichen etwa 16,5 Millionen Erwerbstätige in Deutschland das Rentenalter, während nur 12,5 Millionen nachrücken. Um den Arbeitskräftemangel zu bewältigen, werden Zuwanderung und die bessere Nutzung des Potenzials älterer Arbeitnehmer als Lösungen genannt. Auch die Arbeit über das Renteneintrittsalter hinaus gewinnt an Bedeutung. (Quelle: MDR)
Infobox: Die demografische Entwicklung verschärft den Fachkräftemangel. Arbeit im Rentenalter und Zuwanderung sind zentrale Lösungsansätze. (Quelle: MDR)
US-Wirtschaft: Handelsdefizit auf Rekordhoch, Kritik an Trumps Zollpolitik
Das US-Handelsdefizit stieg im März 2025 um 9,6 Prozent auf 162 Milliarden US-Dollar und erreichte damit den höchsten Stand seit Beginn der Aufzeichnungen. Im ersten Quartal 2025 schrumpfte das US-BIP um 0,3 Prozent, nachdem es im vierten Quartal 2024 noch um 2,4 Prozent gewachsen war. Ökonom Jeffrey Sachs kritisiert, dass Präsident Trump andere Länder für das US-Handelsdefizit verantwortlich macht, obwohl die Ursache in den eigenen Ausgaben liegt.
„Wenn Sie mit Ihrer Kreditkarte einkaufen gehen und hohe Kreditkartenschulden anhäufen, haben Sie ein Handelsdefizit mit all diesen Geschäften. Es wäre ziemlich seltsam, wenn Sie dann alle Ladenbesitzer dafür verantwortlich machen würden, dass sie Ihnen all diese Dinge verkauft haben.“ (Jeffrey Sachs, Columbia University)
Die US-Importe stiegen im März auf mehr als 340 Milliarden Dollar, was das Handelsdefizit auf den Rekordwert trieb. Trump beschuldigte andere Länder, die USA auszunutzen, insbesondere Irland und die EU. Die Pharmaindustrie ist heute der Antrieb irischer US-Exporte und macht rund 72 Milliarden Euro aus.
Monat | US-Handelsdefizit | US-BIP (Q1 2025) | US-BIP (Q4 2024) |
---|---|---|---|
März 2025 | 162 Mrd. USD | -0,3 % | +2,4 % |
Infobox: Das US-Handelsdefizit erreicht Rekordwerte, die Wirtschaft schrumpft. Experten kritisieren Trumps Zollpolitik als Ursache. (Quelle: Frankfurter Rundschau)
US-Rezession bedroht deutsche Wirtschaft
Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), warnt vor den Folgen einer US-Rezession für Deutschland. Er sieht die Verantwortung für den wirtschaftlichen Abschwung bei Präsident Trump, dessen Handelskonflikte und Rückzug aus multilateralen Abkommen die Lage verschärfen. Die Wahrscheinlichkeit eines dritten Rezessionsjahres in Folge in Deutschland sei hoch, was der deutschen Wirtschaft permanenten Schaden zufügen könnte.
Im ersten Quartal 2025 schrumpfte das US-BIP annualisiert um 0,3 Prozent. Fachleute hatten lediglich mit einer Verlangsamung des Wachstums gerechnet. Trump führt die Entwicklung auf die Politik seines Vorgängers Joe Biden zurück.
Infobox: Die US-Wirtschaft schwächelt, was auch die deutsche Wirtschaft bedroht. DIW-Chef Fratzscher fordert eine stärkere europäische Antwort. (Quelle: RND.de)
Einschätzung der Redaktion
Die aktuellen Entwicklungen zeigen, dass die russische Wirtschaft trotz kurzfristiger Stabilität zunehmend strukturellen Belastungen ausgesetzt ist. Die Kombination aus hohen Leitzinsen, einer volatilen Währung und der drohenden Ausweitung von Sekundärsanktionen erhöht die Unsicherheit für Investoren und Unternehmen erheblich. Besonders kritisch ist die Abhängigkeit von wenigen Handelspartnern wie China, Indien und der Türkei, die durch neue Sanktionsmechanismen selbst unter Druck geraten könnten. Sollte es zu einer konsequenten Umsetzung von Sekundärzöllen kommen, drohen Russland erhebliche Einnahmeverluste im Energieexport und eine weitere Schwächung zentraler Industriezweige. Die mittelfristigen Wachstumsaussichten bleiben daher gedämpft, und die Gefahr einer anhaltenden Stagnation oder gar Rezession nimmt zu. Die Fähigkeit Russlands, alternative Finanz- und Handelssysteme zu etablieren, wird maßgeblich darüber entscheiden, wie stark die wirtschaftlichen Folgen tatsächlich ausfallen.
- Russlands Wirtschaft steht vor einer Phase erhöhter Unsicherheit und struktureller Schwäche.
- Die Abhängigkeit von wenigen Partnern und die Gefahr von Sekundärsanktionen erhöhen das Risiko eines Einbruchs bei Exporten und Investitionen.
- Mittelfristig drohen Stagnation und eine Verschärfung der wirtschaftlichen Probleme.
Quellen:
- Warum Russland Sekundärsanktionen so fürchtet
- Was die Wirtschaft von der neuen Regierung verlangt
- Die Erholung der deutschen Wirtschaft lässt auf sich warten
- Wirtschaft auf Arbeit im Rentenalter angewiesen
- US-Wirtschaft schrumpft – Top-Ökonom zerreißt Trumps Zollpolitik: „Lernt man am zweiten Tag in der Uni“
- Rezession in den USA? Trumps kriselnde US-Wirtschaft bedroht Deutschland