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Russlands Wirtschaft ist im Ausnahmezustand: Der Krieg gegen die Ukraine dominiert sämtliche Wirtschaftsbereiche, der Rüstungssektor verdrängt zivile Branchen und ein abruptes Kriegsende könnte das Land in eine tiefe Krise stürzen. Gleichzeitig steht Deutschland vor ganz anderen Herausforderungen: Die Arbeitszeit liegt im internationalen Vergleich am unteren Ende, der Fachkräftemangel bremst zentrale Branchen und die Transformation Ostdeutschlands verlangt nach neuen Strategien. Der Pressespiegel beleuchtet, wie geopolitische Konflikte, Arbeitsmarkttrends und regionale Strukturwandel die wirtschaftliche Zukunft Europas prägen.
Russlands Wirtschaft im Kriegsmodus: Frieden als Risiko für Putins Regime
Die russische Wirtschaft ist laut N-TV vollständig auf den Krieg gegen die Ukraine ausgerichtet. Die Verteidigungsausgaben betragen inzwischen gut 7 Prozent der Wirtschaftsleistung und verschlingen offiziell ein Drittel der Staatsausgaben. Praktisch alle freien Ressourcen werden von Waffenfirmen absorbiert, und es herrscht ein Mangel an Arbeitskräften in zivilen Bereichen wie Bau, Transport und Polizei, da immer mehr Männer an die Front abkommandiert werden.
Der Rüstungssektor ist zum Motor des Wirtschaftswachstums geworden. Die hohe Nachfrage des Militärs hat die Löhne steigen lassen und die Zinsen auf 21 Prozent getrieben. Zivile Unternehmen haben kaum noch Chancen auf Finanzierung, da der Militärapparat sie verdrängt. Ein abruptes Ende des Krieges könnte einen massiven Wirtschaftseinbruch auslösen, da die Rückkehr von Hunderttausenden Soldaten und der Wegfall der Rüstungsnachfrage zu sozialem Sprengstoff werden könnten. Bereits die Sowjetunion und die USA erlebten nach Kriegsende starke wirtschaftliche Einbrüche, wie etwa die "V-Day-Rezession" in den USA mit einem Rückgang der Wirtschaftsleistung um fast 11 Prozent.
„Die russische Führung hat sich mit einem hohen und steigenden Militäretat in eine Sackgasse manövriert, der sie zwingt, eine aggressive Außenpolitik fortzusetzen. Sie kann das Militärbudget nicht einfach kürzen.“ (Pavel Luzin, zitiert von N-TV)
Putin steht vor dem Dilemma, dass er die Militärausgaben nicht dauerhaft aufrechterhalten kann, ohne Russland weiter in eine Planwirtschaft zu treiben. Gleichzeitig gehen die sowjetischen Altbestände an Waffen zur Neige. Ein möglicher Ausweg für das Regime könnte die Ausweitung des Krieges auf weitere Länder sein, um neue Ressourcen zu erobern und die Kriegswirtschaft am Laufen zu halten. Selbst ein Friedensschluss würde laut Experten neue Unsicherheiten für Europa schaffen, da die ökonomischen Realitäten Russlands weiterhin eine aggressive Politik begünstigen.
Kennzahl | Wert |
---|---|
Verteidigungsausgaben (Anteil BIP) | 7 % |
Verteidigungsausgaben (Anteil Staatshaushalt) | 1/3 |
Zinssatz | 21 % |
Wirtschaftseinbruch USA nach WWII | fast 11 % |
- Russlands Wirtschaft ist extrem abhängig vom Rüstungssektor.
- Ein plötzlicher Frieden könnte zu massiver Arbeitslosigkeit und sozialer Instabilität führen.
- Die Kriegswirtschaft zwingt das Regime zu einer aggressiven Außenpolitik.
Infobox: Die russische Kriegswirtschaft ist so dominant, dass ein abruptes Ende des Krieges einen dramatischen Wirtschaftseinbruch und soziale Unruhen auslösen könnte. Die Verteidigungsausgaben liegen bei 7 Prozent des BIP und machen ein Drittel des Staatshaushalts aus. (Quelle: N-TV)
Arbeitszeitvergleich: Deutsche arbeiten weniger als andere Wirtschaftsnationen
Nach einer Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW), über die der Spiegel berichtet, lag die durchschnittliche Arbeitszeit in Deutschland 2023 bei rund 1.036 Stunden pro Einwohner im Erwerbsalter (15 bis 64 Jahre). Damit belegt Deutschland im OECD-Vergleich den drittletzten Platz. Nur in Frankreich (1.027 Stunden) und Belgien (1.021 Stunden) wurde noch weniger gearbeitet. Spitzenreiter sind Neuseeland mit 1.402 Stunden, Tschechien mit 1.326 Stunden und Israel mit 1.312 Stunden.
Im Vergleich zu 2013 ist die Arbeitszeit in Deutschland leicht gestiegen (2013: 1.013 Stunden). In anderen Ländern wie Italien (2013: 945, 2023: 1.066), Spanien (2013: 926, 2023: 1.067) und Ungarn (2013: 1.011, 2023: 1.258) ist der Anstieg jedoch deutlich stärker. IW-Präsident Michael Hüther warnt, dass Deutschland bis zum Ende des Jahrzehnts rund 4,2 Milliarden Arbeitsstunden fehlen werden. Der Fachkräftemangel ist bereits spürbar, etwa durch häufig geschlossene Restaurants und überlastetes Personal in Pflege, Kitas und Handwerk.
Land | Arbeitsstunden 2023 | Arbeitsstunden 2013 |
---|---|---|
Deutschland | 1.036 | 1.013 |
Frankreich | 1.027 | - |
Belgien | 1.021 | - |
Neuseeland | 1.402 | - |
Tschechien | 1.326 | - |
Israel | 1.312 | - |
Italien | 1.066 | 945 |
Spanien | 1.067 | 926 |
Ungarn | 1.258 | 1.011 |
Ein weiteres Problem ist die hohe Teilzeitquote bei Frauen: Während nur 11 Prozent der Männer in Teilzeit arbeiten, sind es bei Frauen knapp 49 Prozent. Würden die 9,3 Millionen Frauen in Teilzeit ihre Arbeitszeit um zehn Prozent erhöhen, entspräche das einer halben Million zusätzlicher Vollzeitstellen. Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas fordert daher bessere Arbeitsbedingungen und mehr Kinderbetreuung, um die Erwerbstätigkeit von Müttern zu steigern.
- Deutschland belegt im OECD-Vergleich einen der letzten Plätze bei den Arbeitsstunden.
- Der Fachkräftemangel ist bereits in vielen Branchen spürbar.
- Eine Erhöhung der Arbeitszeit von Teilzeitkräften könnte das Arbeitskräftepotenzial deutlich steigern.
Infobox: Deutsche arbeiten im internationalen Vergleich deutlich weniger. 2023 lag die durchschnittliche Arbeitszeit bei 1.036 Stunden pro Einwohner im Erwerbsalter. Der Fachkräftemangel könnte bis 2030 zu einem Defizit von 4,2 Milliarden Arbeitsstunden führen. (Quelle: Spiegel)
Fachkräftemangel bleibt zentrales Risiko für den Aufschwung
Wie die Süddeutsche Zeitung berichtet, bleibt der Fachkräftemangel trotz einer leichten Entspannung ein zentrales Hemmnis für die deutsche Wirtschaft. Im März 2025 blieb laut Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung (Kofa) jede dritte offene Stelle unbesetzt – insgesamt gut 387.000. Das sind 17,5 Prozent weniger als im Vorjahr, dennoch ist die Lücke weiterhin groß.
Besonders gravierend ist der Mangel im Bereich Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik, wo mehr als 12.000 Stellen nicht besetzt werden konnten. In der Dachdeckerei fehlten über 3.000 qualifizierte Fachkräfte. Auch im Tiefbau gibt es Engpässe auf allen Qualifikationsniveaus: Rund 2.000 Fachkräfte, mehr als 1.200 Spezialisten und über 1.100 Experten werden benötigt. Diese Engpässe gefährden zentrale Infrastrukturprojekte wie den Bau von Tunneln oder modernen Versorgungssystemen.
- Im März 2025 blieben 387.000 Stellen unbesetzt.
- Im Bereich Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik fehlten über 12.000 Fachkräfte.
- In der Dachdeckerei wurden mehr als 3.000 Fachkräfte gesucht.
- Im Tiefbau fehlten rund 2.000 Fachkräfte, 1.200 Spezialisten und 1.100 Experten.
Die Umsetzung angekündigter Finanzpakete für Infrastruktur und Verteidigung wird durch den anhaltenden Fachkräftemangel erschwert. Besonders in Bauberufen fehlen die nötigen Arbeitskräfte, um geplante Projekte umzusetzen.
Infobox: Trotz eines Rückgangs der offenen Stellen bleibt der Fachkräftemangel ein zentrales Problem. Besonders betroffen sind Bau- und Handwerksberufe, was die Umsetzung wichtiger Infrastrukturprojekte gefährdet. (Quelle: SZ.de)
Ostdeutsches Wirtschaftsforum: Transformation und Herausforderungen für Ostdeutschland
Beim Ostdeutschen Wirtschaftsforum in Bad Saarow diskutieren Vertreter aus Politik und Wirtschaft über die Zukunft Ostdeutschlands. Im Fokus stehen Themen wie Sicherheit, Energieversorgung, Digitalisierung und Resilienz. Die neue Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) und der neue Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) werden erwartet, ebenso wie Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) und Berlins Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD).
Das Forum thematisiert die Herausforderungen durch die aktuelle Weltpolitik, militärische Risiken und Handelskonflikte. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf der Widerstandsfähigkeit von Unternehmen, etwa im Falle eines Krieges in Europa oder eskalierender Handelskonflikte. Auch der Strukturwandel in ehemaligen Kohleregionen und der Ausbau erneuerbarer Energien werden diskutiert. Die neue Bundesregierung verspricht Steuererleichterungen, Investitionen in Infrastruktur und weniger Bürokratie, um die wirtschaftliche Lage zu verbessern.
- Das Ostdeutsche Wirtschaftsforum ist ein zentrales Treffen für Politik und Wirtschaft in der Region.
- Im Mittelpunkt stehen Transformation, Energieversorgung und Digitalisierung.
- Die neue Bundesregierung setzt auf Steuererleichterungen und Bürokratieabbau.
Infobox: Das Ostdeutsche Wirtschaftsforum diskutiert zentrale Zukunftsthemen wie Energie, Digitalisierung und Resilienz. Die wirtschaftliche Transformation Ostdeutschlands steht im Fokus, begleitet von politischen Reformversprechen. (Quelle: rbb24)
Einschätzung der Redaktion
Die vollständige Ausrichtung der russischen Wirtschaft auf den Krieg stellt ein erhebliches strukturelles Risiko für das Land dar. Die extreme Abhängigkeit vom Rüstungssektor und die Verdrängung ziviler Wirtschaftsbereiche führen zu einer gefährlichen Instabilität, die das Regime in eine strategische Sackgasse manövriert. Ein abruptes Kriegsende könnte nicht nur einen massiven Wirtschaftseinbruch, sondern auch erhebliche soziale Spannungen auslösen. Die aktuelle Entwicklung erhöht zudem die Wahrscheinlichkeit, dass das Regime zur Aufrechterhaltung der Macht und zur Stabilisierung der Wirtschaft auf eine fortgesetzte oder gar ausgeweitete aggressive Außenpolitik setzt. Die daraus resultierende Unsicherheit betrifft nicht nur Russland selbst, sondern birgt auch erhebliche Risiken für die europäische und globale Sicherheit.
- Russlands Kriegswirtschaft ist ein destabilisierender Faktor mit hohem Eskalationspotenzial.
- Ein abruptes Ende des Krieges könnte zu massiven wirtschaftlichen und sozialen Verwerfungen führen.
- Die Gefahr einer Ausweitung des Konflikts bleibt bestehen, solange die Wirtschaft auf Krieg ausgerichtet ist.
Quellen:
- Wirtschaft auf Krieg getrimmt: Putin kann sich Frieden nicht leisten
- IW-Studie: Deutsche arbeiten deutlich weniger als andere Wirtschaftsnationen
- Arbeitsmarkt - Experten: Fachkräftemangel gefährdet Aufschwung - Wirtschaft
- Ostdeutsches Wirtschaftsforum: Weltwirtschaft am Scharmützelsee
- Russland droht Rezession: Wirtschaft schrumpft deutlich
- Wirtschaft: Studie: Europas Top-Unternehmen unterliegen im Weltvergleich