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Rüstungsboom in Deutschland, Haushaltskrise in Russland und ein umstrittener Zoll-Deal zwischen EU und USA: Die aktuellen Entwicklungen an der Schnittstelle von Wirtschaft und Geopolitik verändern die Rahmenbedingungen für Industrie, Handel und Wachstum. Wie die neue Wirtschaftsministerin Katherina Reiche die Verteidigungsindustrie in den Fokus rückt, warum Russlands Wirtschaft unter den Kosten des Krieges ächzt und welche Folgen Trumps Zollpolitik für die deutsche Exportnation hat, beleuchtet dieser Pressespiegel mit exklusiven Zahlen und Stimmen aus Wirtschaft und Politik.
Wirtschaft und Militär: Katherina Reiche setzt auf Rüstungsindustrie
Die neue Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) hat die Verteidigungsindustrie als zentrales Thema für ihr Ministerium entdeckt. Während ihrer Sommertour besuchte sie unter anderem den Waffenhersteller Diehl in Röthenbach an der Pegnitz, wo sie das neue Beschaffungsgesetz für die Bundeswehr bewarb. Reiche betonte, dass die Verteidigungsindustrie in Deutschland lange unterschätzt und nicht genügend beachtet worden sei. Der CEO von Diehl Defence, Helmut Rauch, berichtete, dass das Unternehmen 2024 um 60 Prozent gewachsen sei. Diehl habe es geschafft, innerhalb kürzester Zeit die Produktion zu skalieren, zu wachsen, Mitarbeiter zu gewinnen und in neue Technologie zu investieren.
Deutschland hat 2024 rund 71 Milliarden Euro für Aufrüstung ausgegeben. Laut Finanzplanung des Bundes sollen die Ausgaben bis 2029 kontinuierlich auf 152,8 Milliarden Euro steigen. Der Anteil am Bruttoinlandsprodukt wird von 2,4 Prozent auf die von der NATO beschlossenen 3,5 Prozent steigen. Reiche hat einen hochkarätigen Beraterkreis für Sicherheits- und Verteidigungsindustrie im Wirtschaftsministerium eingerichtet, dem unter anderem Moritz Schularick (IfW Kiel), René Obermann (Airbus), Nico Lange (Münchner Sicherheitskonferenz) und Generalleutnant a.D. Jürgen-Joachim von Sandrart angehören. Das IfW Kiel hat berechnet, dass ein Anstieg der Militärausgaben auf 3,5 Prozent des BIP das Bruttoinlandsprodukt der EU-Länder um 0,9 bis 1,5 Prozent steigern könnte, sofern die Ausgaben in modernste Produkte investiert werden, die in Europa produziert werden.
„Geld allein greift zu kurz. Von der Bundesregierung erwarten wir, dass sie den Aufbruch von der Spitze her anstößt, koordiniert und konsequent vorantreibt.“ (Bundesverband der Deutschen Industrie, BDI)
- Diehl Defence: 2024 um 60 % gewachsen
- Rüstungsausgaben Deutschland 2024: 71 Mrd. Euro
- Geplante Rüstungsausgaben 2029: 152,8 Mrd. Euro
- Geplanter BIP-Anteil: 3,5 %
Infobox: Die deutsche Rüstungsindustrie erlebt einen Boom, der laut Experten das Wirtschaftswachstum ankurbeln könnte. Die Bundesregierung plant massive Investitionen bis 2029, um die Verteidigungsfähigkeit zu stärken. (Quelle: WELT)
Russlands Wirtschaft in Bedrängnis: Haushaltskürzungen und sinkende Einnahmen
Russlands Wirtschaft steht unter Druck: Die Kohleindustrie schwächelt, die Einnahmen aus Öl- und Gasverkäufen bleiben hinter den Erwartungen zurück. Bereits im Mai 2025 wurden erhebliche Haushaltskürzungen bei wichtigen Investitionen vorgenommen. Anatoli Artamonow, Vorsitzender des Komitees für Haushalt und Finanzmärkte, schlägt vor, bis zu zwei Billionen Rubel (etwa 21,6 Milliarden Euro) jährlich neu zuzuweisen, um Ausgaben für Militär und Sicherheit zu decken. Diese Bereiche machen bereits etwa 40 Prozent des russischen Haushalts aus – der höchste Wert seit dem Ende der Sowjetunion.
Für das Jahr 2025 sind 13,2 Billionen Rubel (142,8 Milliarden Euro) für den Krieg und weitere 3,45 Billionen Rubel (37,3 Milliarden Euro) für nationale Sicherheit eingeplant. Im Mai wurden Investitionsprogramme in der Luftfahrt um 22 Prozent gekürzt, die Förderung der High-Tech-Industrie um 46 Milliarden Rubel (507 Millionen Euro) und bei der Automobilindustrie um 385,8 Millionen Euro. Russlands Einnahmen aus dem Export fossiler Brennstoffe sanken im zweiten Quartal 2025 um 18 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Das Haushaltsdefizit liegt aktuell bei 3,7 Billionen Rubel (40,1 Milliarden Euro), dem Sechsfachen des Vorjahreszeitraums. Laut Reuters könnten die Einnahmen aus Öl- und Gasexporten zwischen Januar und Juli 2025 um 20 Prozent schrumpfen.
Bereich | Kürzung / Ausgaben |
---|---|
Militär & Sicherheit | 16,65 Billionen Rubel (180,1 Mrd. Euro) |
Luftfahrt-Investitionen | -22 % |
High-Tech-Industrie | -46 Mrd. Rubel (507 Mio. Euro) |
Automobilindustrie | -385,8 Mio. Euro |
Haushaltsdefizit | 3,7 Billionen Rubel (40,1 Mrd. Euro) |
Rückgang fossile Exporte Q2/2025 | -18 % |
Infobox: Russland muss massive Haushaltskürzungen vornehmen, um die hohen Ausgaben für Militär und Sicherheit zu finanzieren. Die Einnahmen aus Öl- und Gasexporten sinken deutlich, das Haushaltsdefizit steigt. (Quelle: Frankfurter Rundschau)
Trumps Deal mit der EU: Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft
Die EU und die USA haben sich auf einen Deal zur Entschärfung des Zollkonflikts geeinigt. Die von Donald Trump angedrohten Zölle von 30 Prozent auf europäische Produkte wurden abgewendet. Stattdessen erhebt die USA künftig auf die Mehrheit der Importe aus Europa einen Zoll von 15 Prozent. Für europäische Autoimporte bedeutet dies eine Erhöhung von 2,5 Prozent auf 15 Prozent. Nur für wenige Waren wie Flugzeuge, bestimmte Chemikalien, Agrarprodukte und kritische Rohstoffe entfallen die Zölle.
Die EU hat sich zudem verpflichtet, bis zum Ende von Trumps Amtszeit US-Energie im Wert von 750 Milliarden Dollar zu kaufen und in den kommenden Jahren weitere 600 Milliarden US-Dollar in den USA zu investieren. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) bezeichnete das Übereinkommen als unzureichenden Kompromiss, der ein fatales Signal sende. Die jährlichen Kosten für die deutsche Automobilindustrie werden auf eine Milliardensumme geschätzt. Die EU erzielte 2024 im Warenhandel mit den USA einen Überschuss von rund 198 Milliarden Euro, im Dienstleistungsbereich einen Überschuss von 50 Milliarden Euro.
Bereich | Wert |
---|---|
US-Zoll auf EU-Importe | 15 % |
EU-Überschuss Warenhandel 2024 | 198 Mrd. Euro |
EU-Überschuss Dienstleistungen 2024 | 50 Mrd. Euro |
US-Energieimporte durch EU | 750 Mrd. Dollar |
EU-Investitionen in den USA | 600 Mrd. Dollar |
„Das heutige Abkommen schafft Sicherheit in unsicheren Zeiten.“ (Ursula von der Leyen)
Infobox: Der neue Deal zwischen EU und USA verhindert zwar eine Eskalation, bringt aber hohe Zölle für europäische Exporteure und milliardenschwere Verpflichtungen für Energieimporte und Investitionen. (Quelle: heise online)
Deutsche Wirtschaft: Kritik an der Zoll-Einigung mit den USA
Die deutsche Wirtschaft bewertet die Zolleinigung zwischen der EU und den USA kritisch. Wolfgang Niedermark vom BDI erklärte, dass auch ein Zollsatz von 15 Prozent immense negative Auswirkungen auf die exportorientierte deutsche Industrie habe. Der Außenhandelsverband BGA bezeichnete die Einigung als „schmerzhaften Kompromiss“, der für viele Händler eine existenzielle Bedrohung darstelle. Die Einigung werde Wachstum, Wohlstand und Arbeitsplätze kosten.
Für Autos, Halbleiter und Pharmaprodukte gilt künftig ein US-Zoll von 15 Prozent, für Stahl und Aluminium bleibt der Zollsatz bei 50 Prozent. Bundeskanzler Friedrich Merz betonte, dass ein eskalierender Handelskonflikt die deutsche Wirtschaft hart getroffen hätte. Helena Melnikov von der DIHK sieht in der Einigung eine dringend benötigte Atempause, fordert aber weitere Verhandlungen für ein umfassendes und faires Handelsabkommen. Michael Hüther vom Institut der deutschen Wirtschaft warnte vor weiteren Störfeuern aus Washington.
- US-Zoll auf EU-Autos, Halbleiter, Pharma: 15 %
- US-Zoll auf Stahl und Aluminium: 50 %
- Wachstum, Wohlstand und Arbeitsplätze in Deutschland gefährdet
Infobox: Die deutsche Industrie sieht in der Zolleinigung mit den USA einen schmerzhaften Kompromiss, der Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitsplätze bedroht. (Quelle: SZ.de)
So hart trifft Donald Trumps Zoll-Deal die deutsche Wirtschaft
Berechnungen des Kiel Instituts für Weltwirtschaft (IfW) zeigen, dass das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in Deutschland durch die erhöhten Zölle innerhalb eines Jahres um 0,15 Prozent niedriger ausfällt. Das entspricht einem Schaden von rund 6,5 Milliarden Euro. Die EU insgesamt verzeichnet einen Rückgang von 0,1 Prozent beim BIP, was 17,9 Milliarden Euro entspricht. Italien und Frankreich müssen mit einem Minus von 0,02 bzw. 0,01 Prozent rechnen. Das EU-BIP lag 2024 bei 17,94 Billionen Euro.
Die USA profitiert, da einheimische Hersteller Kostenvorteile nutzen können. Allerdings warnen Marktbeobachter vor steigenden Preisen, da die Import-Zölle auf EU-Güter von amerikanischen Firmen bezahlt und an Verbraucher weitergegeben werden. Die Einigung senkt die Kosten für die europäische Automobilindustrie, da die Zölle auf eingeführte Fahrzeuge von 27,5 Prozent auf 15 Prozent gesenkt wurden. Der Handel zwischen EU und USA umfasste 2024 Waren im Wert von 865,0 Milliarden Euro, was 17 Prozent des gesamten EU-Außenhandels entsprach. Die EU erzielte im Warenhandel mit den USA hohe Überschüsse, insbesondere bei Arzneimitteln (119,8 Mrd. Euro), Kraftfahrzeugen (51 Mrd. Euro) und Industriemaschinen (34,1 Mrd. Euro).
Land/Region | BIP-Rückgang | Wert |
---|---|---|
Deutschland | -0,15 % | 6,5 Mrd. Euro |
EU gesamt | -0,1 % | 17,9 Mrd. Euro |
Italien | -0,02 % | n/a |
Frankreich | -0,01 % | n/a |
- Handelsvolumen EU-USA 2024: 865,0 Mrd. Euro
- EU-Überschuss im Warenhandel: 198 Mrd. Euro
- Wichtigste EU-Exporte in die USA: Arzneimittel (119,8 Mrd. Euro), Kraftfahrzeuge (51 Mrd. Euro)
- Wichtigste US-Exporte in die EU: Erdöl (53,7 Mrd. Euro), Medizinprodukte (45,8 Mrd. Euro)
Infobox: Die erhöhten Zölle führen zu einem messbaren Rückgang des BIP in Deutschland und der EU. Besonders betroffen sind exportorientierte Branchen wie die Automobilindustrie. (Quelle: FOCUS online)
Einschätzung der Redaktion
Die strategische Fokussierung der Wirtschaftsministerin auf die Rüstungsindustrie markiert einen Paradigmenwechsel in der deutschen Wirtschaftspolitik. Die konsequente Einbindung hochkarätiger Experten und die massive Steigerung der Investitionen deuten auf eine nachhaltige Stärkung der Verteidigungsindustrie hin. Dies kann nicht nur die technologische Innovationskraft und die industrielle Wertschöpfung in Deutschland erhöhen, sondern auch die sicherheitspolitische Handlungsfähigkeit des Landes stärken. Gleichzeitig birgt die enge Verzahnung von Wirtschaft und Militär das Risiko, andere Schlüsselbranchen zu vernachlässigen und gesellschaftliche Debatten über Prioritäten und ethische Leitplanken zu verschärfen. Die Entwicklung der kommenden Jahre wird zeigen, ob die angestrebte Balance zwischen wirtschaftlichem Wachstum, technologischer Souveränität und gesellschaftlicher Akzeptanz gelingt.
- Stärkung der Verteidigungsindustrie als industriepolitische Leitlinie
- Chancen für Innovation und Wachstum, aber auch gesellschaftliche Herausforderungen
- Langfristige Auswirkungen auf die Wirtschaftsstruktur und sicherheitspolitische Positionierung Deutschlands
Quellen:
- Wirtschaft und Militär: Wie Katherina Reiche jetzt auf Rüstungsministerin macht
- Update Wirtschaft vom 28.07.2025
- Russlands Wirtschaft in Bedrängnis – neue Haushaltskürzungen könnten folgen
- Trumps Deal mit der EU: Muss die deutsche Wirtschaft zahlen?
- Deutsche Wirtschaft: Zoll-Einigung von EU und USA kostet Wohlstand und Arbeitsplätze
- So hart trifft Donald Trumps Zoll-Deal die deutsche Wirtschaft