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Steigende Zahlen bei Aufstockern, Amazons Kursrutsch trotz Rekordgewinnen, optimistische Signale aus Ostdeutschland, Kritik an Trumps Zollpolitik, eine schrumpfende deutsche Wirtschaft im EU-Vergleich und die geplante Übernahme von Ceconomy durch JD.com: Der aktuelle Pressespiegel beleuchtet zentrale Entwicklungen und Kontroversen, die die Wirtschaft in Deutschland und international prägen.
IW-Analyse: Zahl der Aufstocker in Deutschland steigt erstmals seit 15 Jahren
Die Zahl der Beschäftigten in Deutschland, die ihren Lohn mit Bürgergeld aufstocken müssen, ist laut einer Analyse des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) erstmals seit 2010 wieder gestiegen. Im vergangenen Jahr erhöhte sich die Anzahl der sogenannten Aufstocker um rund 30.000, nachdem sie zuvor von 1,4 Millionen im Jahr 2010 auf unter 800.000 im Jahr 2023 gesunken war. Der Anstieg um rund 21.000 erwerbstätige Bürgergeld-Bezieher von November 2023 bis November 2024 ist laut IW ausschließlich auf eine erhöhte Anzahl von Ausländern zurückzuführen. Die Zahl der Leistungsbezieher mit deutscher Staatsangehörigkeit sank hingegen um knapp 7.000.
IW-Arbeitsmarktexperte Holger Schäfer sieht als plausible Erklärung, dass viele Ausländer aus der Beschäftigungslosigkeit heraus eine Arbeit gefunden haben, die jedoch nicht den Bedarf des Haushaltes decken konnte. Schäfer betont, dass dies als „Teilerfolg“ gewertet werden könne, da Bedürftige zumindest einen Teil ihres Bedarfs selbst erwirtschaften. Gleichzeitig weist er auf Reformbedarf beim Bürgergeld hin, da die Ausweitung der individuellen Arbeitszeit von Teilzeit- oder geringfügiger Beschäftigung in Vollzeit zu wenig gelingt. Ein Grund dafür seien fehlende Anreize, da ein Großteil des Mehrverdienstes wieder abgegeben werden müsse.
„Wer seine Arbeitszeit hin zu Vollzeit ausdehnt, muss den größten Teil des Mehrverdienstes wieder abgeben. Das ist für viele nicht attraktiv genug“, so Holger Schäfer (IW).
Die Union kritisiert das Bürgergeld als leistungsfeindlich. Kai Whittaker, Arbeits- und Sozialexperte der Unions-Fraktion, fordert eine grundlegende Reform der Hinzuverdienstgrenzen und Transferentzugsraten in der Grundsicherung. Die SPD hingegen sieht in den Zahlen ein Signal für einen höheren Mindestlohn. Dirk Wiese, Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, betont, dass viele Menschen trotz Arbeit nicht genug verdienen und fordert bessere Löhne sowie gezielte Förderung.
Jahr | Anzahl Aufstocker |
---|---|
2010 | 1,4 Mio. |
2023 | < 800.000 |
2024 | +30.000 (Anstieg) |
- 80.000 der etwa 800.000 Aufstocker sind sozialversicherungspflichtig vollzeitbeschäftigt.
- Über 500.000 sind teilzeit- oder geringfügig beschäftigt.
- Zwei Drittel der Aufstocker mit Vollzeitstelle sind alleinerziehend oder leben in einem Paarhaushalt mit Kindern.
- In Deutschland beziehen derzeit gut 5,5 Millionen Menschen Bürgergeld.
Infobox: Die Zahl der Aufstocker steigt erstmals seit 15 Jahren, vor allem durch mehr ausländische Beschäftigte. Die Debatte um Reformen beim Bürgergeld und Mindestlohn gewinnt an Fahrt. (Quelle: Ntv)
Amazon enttäuscht trotz Umsatz- und Gewinnsprung – Wall Street reagiert mit Kursverlusten
Amazon hat im vergangenen Quartal Umsatz und Gewinn deutlich gesteigert, dennoch reagierte die Wall Street mit Kursverlusten. Der Umsatz stieg im Jahresvergleich um 13 Prozent auf 167,7 Milliarden Dollar (146,7 Mrd. Euro), während Analysten im Schnitt mit gut 162 Milliarden Dollar gerechnet hatten. Der Gewinn sprang um mehr als ein Drittel auf 18,2 Milliarden Dollar. Dennoch fiel die Aktie im nachbörslichen Handel um mehr als sechs Prozent.
Ein Grund für die Talfahrt der Aktie war die Prognose für das laufende Quartal: Amazon stellte beim operativen Ergebnis eine Spanne von 15,5 bis 20,5 Milliarden Dollar in Aussicht, während Analysten im Schnitt mit 19,4 Milliarden Dollar gerechnet hatten. Das Wachstum der Cloud-Sparte AWS lag mit 17,5 Prozent im Schnitt der Markterwartungen, blieb aber hinter den Wachstumsraten der Konkurrenz zurück. Microsofts Cloud-Plattform Azure wuchs im vergangenen Quartal um 39 Prozent, Googles Cloud-Geschäft um fast 32 Prozent.
Unternehmen | Cloud-Wachstum |
---|---|
Amazon AWS | 17,5 % |
Microsoft Azure | 39 % |
Google Cloud | ~32 % |
Amazon investierte im vergangenen Quartal über 31 Milliarden Dollar in den Ausbau seiner Rechenzentren, vor allem für KI-Anwendungen. Finanzchef Brian Olsavsky kündigte an, dass das Investitionstempo im zweiten Halbjahr ähnlich hoch bleiben soll. Amazon-Chef Andy Jassy betonte, dass die Branche bei Künstlicher Intelligenz erst am Anfang stehe und Amazon mehr Kunden mit niedrigeren Kosten für KI-Software anlocken wolle.
Offen bleibt, wie sich die von US-Präsident Donald Trump eingeführten Importzölle auf das Geschäft auswirken werden. Im ersten Halbjahr habe Amazon noch keinen Rückgang der Nachfrage gespürt, obwohl viele Artikel, die in den USA verkauft werden, aus dem Ausland stammen und von den Zöllen betroffen sind.
Infobox: Trotz starker Quartalszahlen und hoher Investitionen in KI und Cloud-Dienste enttäuscht Amazon die Börse mit einem verhaltenen Ausblick und schwächerem Wachstum im Cloud-Geschäft. (Quelle: SZ.de)
Ostdeutsche Wirtschaft blickt optimistischer in die Zukunft
Laut einer Meldung von boerse.de blickt die ostdeutsche Wirtschaft optimistischer in die Zukunft. Die Quelle verweist auf dpa-AFX, liefert jedoch keine weiteren konkreten Zahlen oder Details zur Entwicklung. Es wird lediglich auf eine optimistischere Stimmungslage hingewiesen.
Infobox: Die ostdeutsche Wirtschaft zeigt sich laut dpa-AFX optimistischer bezüglich der Zukunft. (Quelle: boerse.de)
Berenberg-Chefvolkswirt: Trumps Zollpolitik schadet der US-Wirtschaft langfristig
Der Chefvolkswirt der Berenberg Bank, Schmieding, äußerte im Deutschlandfunk, dass die Zollpolitik von Präsident Trump der amerikanischen Wirtschaft langfristig schaden werde. Auch wenn die US-Wirtschaft im zweiten Quartal dieses Jahres deutlich gewachsen ist, sieht Schmieding negative Auswirkungen durch die Zölle.
„Die Zollpolitik von Präsident Trump wird der amerikanischen Wirtschaft langfristig schaden“, so Berenberg-Chefvolkswirt Schmieding.
Infobox: Trotz aktuellem Wachstum warnt Berenberg-Chefvolkswirt Schmieding vor langfristigen Schäden für die US-Wirtschaft durch Trumps Zollpolitik. (Quelle: Deutschlandfunk)
Deutsche Wirtschaft schrumpft – andere EU-Länder mit besserer Entwicklung
Die deutsche Wirtschaft ist im zweiten Quartal um 0,1 Prozent geschrumpft, wie das Statistische Bundesamt in einer ersten Schätzung mitteilte. Im ersten Quartal war das Bruttoinlandsprodukt (BIP) noch um 0,3 Prozent gestiegen. Der Rückgang im zweiten Quartal wird auf niedrigere Investitionen in Ausrüstungen und Bauten zurückgeführt, während die privaten und staatlichen Konsumausgaben stiegen.
Andere große Euro-Länder entwickelten sich im Vergleich deutlich besser: Frankreich verzeichnete ein Plus von 0,3 Prozent, Spanien sogar ein Plus von 0,7 Prozent. In Italien verringerte sich das BIP ebenfalls um 0,1 Prozent. Die am 1. August erwarteten Zölle von 15 Prozent für Exporte von Waren aus der EU in die USA dürften die deutsche Wirtschaft zusätzlich belasten. Vor dem Amtsantritt von US-Präsident Trump lag der durchschnittliche Satz bei etwa 2,5 Prozent. 2024 setzten deutsche Exporteure in den USA mehr als 161 Milliarden Euro um.
Land | BIP-Veränderung Q2 |
---|---|
Deutschland | -0,1 % |
Frankreich | +0,3 % |
Spanien | +0,7 % |
Italien | -0,1 % |
Das Konsumklima in Deutschland bleibt eingetrübt: Das für August berechnete Konsumklima-Barometer sank um 1,2 auf minus 21,5 Punkte. Die Verbraucher halten es mehrheitlich für ratsam, das Geld zurückzuhalten und nicht für größere Anschaffungen zu verwenden.
Infobox: Die deutsche Wirtschaft schrumpft, während Frankreich und Spanien wachsen. Zölle und ein schwaches Konsumklima belasten die Aussichten. (Quelle: WELT)
JD.com plant Übernahme von Ceconomy – Gewerkschaften fordern Sicherheiten
Der chinesische E-Commerce-Riese JD.com plant die Übernahme der MediaMarkt-Saturn-Mutter Ceconomy. Gewerkschaften betrachten diese Entwicklung kritisch und fordern langfristige Perspektiven sowie Sicherheiten für die Beschäftigten.
Infobox: JD.com will Ceconomy übernehmen, Gewerkschaften fordern langfristige Sicherheiten für die Beschäftigten. (Quelle: ARD Mediathek)
Einschätzung der Redaktion
Der erstmalige Anstieg der Zahl der Aufstocker seit 15 Jahren ist ein deutliches Signal für strukturelle Herausforderungen am deutschen Arbeitsmarkt. Die Entwicklung unterstreicht, dass der Übergang von Beschäftigungslosigkeit in Arbeit zwar gelingt, die erzielten Einkommen jedoch häufig nicht ausreichen, um den Lebensunterhalt ohne staatliche Unterstützung zu sichern. Besonders relevant ist, dass der Anstieg fast ausschließlich auf ausländische Beschäftigte zurückzuführen ist, was auf Integrations- und Qualifikationsdefizite hindeutet. Die Debatte um Reformen bei Hinzuverdienstgrenzen und Transferentzugsraten ist angesichts fehlender Anreize zur Ausweitung der Arbeitszeit dringend geboten. Gleichzeitig zeigt die Forderung nach einem höheren Mindestlohn, dass auch die Lohnstruktur im Niedriglohnbereich kritisch hinterfragt werden muss. Die Entwicklung birgt das Risiko, dass sich prekäre Beschäftigung verfestigt und soziale Spannungen zunehmen, wenn strukturelle Reformen ausbleiben.
- Strukturelle Probleme im Niedriglohnbereich werden sichtbar.
- Integrations- und Qualifikationsdefizite bei ausländischen Beschäftigten rücken in den Fokus.
- Reformbedarf bei Hinzuverdienstgrenzen und Mindestlohn ist offensichtlich.
- Risiko der Verfestigung prekärer Beschäftigung steigt.
Quellen:
- Eigener Lohn reicht nicht aus: IW: Zahl der Aufstocker steigt erstmals seit 15 Jahren
- Online-Händler - Amazon verunsichert die Wall Street - Wirtschaft - SZ.de
- Ostdeutsche Wirtschaft blickt optimistischer in die Zukunft - boerse.de
- Zollpolitik - Berenberg-Chefvolkswirt Schmieding: Trumps Politik wird der US-Wirtschaft schaden
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