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Neue EU-Regeln für Wasserstoff, Russlands Wirtschaft unter Druck, Unternehmen im DACH-Raum zwischen Krisenmanagement und Hoffnung, Selbstkritik an der Forderung nach staatlicher Hilfe sowie neue US-Zölle: Der aktuelle Pressespiegel beleuchtet zentrale wirtschaftspolitische Entwicklungen, die Investoren, Unternehmen und Verbraucher gleichermaßen betreffen.
EU setzt auf Wasserstoff: Neue Regeln für mehr Klimaschutz und Investitionssicherheit
Die Europäische Kommission hat einen Delegierten Rechtsakt vorgelegt, der die Rahmenbedingungen für die Wasserstoffwirtschaft in der EU neu definiert. Ziel ist es, die CO2-Bilanz von Wasserstoff mindestens 70 Prozent unter die von fossilen Brennstoffen zu senken. Dies betrifft sowohl Wasserstoff aus erneuerbaren Energien als auch kohlenstoffarmen Wasserstoff, etwa aus Gas mit CO2-Abscheidung (Blauer Wasserstoff). Die Kommission hat die Standardwerte für den Treibhausgasausstoß bei der Gasförderung um zwei Drittel gesenkt, um der Kritik der Industrie entgegenzukommen. Auch Wasserstoff aus Atomstrom wird im Dokument erwähnt, eine endgültige Entscheidung über dessen Anerkennung als kohlenstoffarm steht jedoch noch aus und soll bis Sommer 2026 nach einer öffentlichen Konsultation getroffen werden.
„Wasserstoff wird eine Schlüsselrolle bei der Dekarbonisierung unserer Wirtschaft spielen“, sagte Energiekommissar Dan Jørgensen. Mit einer pragmatischen Definition von kohlenstoffarmem Wasserstoff gebe die EU Investoren die nötige Sicherheit.
Branchenverbände bleiben jedoch skeptisch. Kerstin Andreae, Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbands für Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), bezeichnete den Rechtsakt als „Schritt in die richtige Richtung“, kritisierte aber die mangelnde Praxistauglichkeit. Der Verband „Die Gas- und Wasserstoffwirtschaft“ sieht nur „leise Hoffnungen für den Wasserstoffhochlauf“. Jorgo Chatzimarkakis von Hydrogen Europe warnte vor „unverhältnismäßigen Berichtspflichten und bürokratischen Hürden“, die Investoren abschrecken könnten. Der Verband der Chemischen Industrie (VCI) fordert flexiblere Kriterien bei der Emissionsberechnung und warnt vor einer Gefährdung der Wirtschaftlichkeit gasbasierter Wasserstoffprojekte.
- CO2-Bilanz von Wasserstoff muss mindestens 70 % unter fossilen Brennstoffen liegen
- Standardwerte für Treibhausgasausstoß bei Gasförderung um zwei Drittel gesenkt
- Branchenverbände fordern weitere Nachbesserungen und flexiblere Kriterien
Infobox: Die EU will mit neuen Regeln Investitionssicherheit schaffen, doch die Industrie sieht weiterhin bürokratische Hürden und fordert Nachbesserungen. (Quelle: FAZ)
Russlands Wirtschaft unter Druck: Gas-Einbußen und schwindende Reserven
Russland verzeichnet sinkende Einnahmen aus Gasexporten, was den Kreml dazu zwingt, auf finanzielle Reserven zurückzugreifen. Seit dem 1. Juli 2025 ist der Gaspreis für Bürger um 10,3 Prozent gestiegen. Um das Haushaltsdefizit auszugleichen, plant die russische Zentralbank, zwischen dem 7. Juli und 6. August täglich chinesische Yuan im Wert von rund 9,8 Milliarden Rubel (etwa 105,5 Millionen Euro) an der Moskauer Börse zu verkaufen. Dies ist eine Steigerung um 2,5 Milliarden Rubel pro Tag gegenüber Juni.
Analysten der Russland Presidential Academy of National Economy and Public Administration (RANEPA) warnen, dass die liquiden Reserven des National Wealth Fund (NWF) bei anhaltendem Ausgabentempo innerhalb von 14 Monaten erschöpft sein könnten. Zum 1. März 2025 verfügte der NWF nur noch über weniger als 50 Prozent der liquiden Reserven im Vergleich zur Zeit vor der Ukraine-Invasion. Dennoch gehen Experten des Carnegie Endowment for International Peace nicht von einem Staatsbankrott aus, da Russland auch nicht-liquide Assets oder Gold- und Fremdwährungsreserven nutzen könnte.
Maßnahme | Wert |
---|---|
Täglicher Verkauf von Yuan (Juli/August 2025) | 9,8 Mrd. Rubel (105,5 Mio. Euro) |
Steigerung gegenüber Juni | 2,5 Mrd. Rubel (26,9 Mio. Euro) |
Gaspreiserhöhung für Bürger | +10,3 % |
Die Opec+ kündigte an, ab August täglich 548.000 Barrel mehr Öl zu fördern, was den Druck auf Russlands Einnahmen weiter erhöhen könnte. Sollte der Ölpreis unter 50 US-Dollar pro Barrel fallen, würde sich der NWF noch schneller leeren. Bereits jetzt hat der Kreml Investitionen gekürzt, um auf den Preisverfall zu reagieren.
Infobox: Russlands Wirtschaft leidet unter sinkenden Energieeinnahmen und schwindenden Reserven. Die Regierung greift verstärkt auf den NWF zurück, Experten sehen jedoch keinen unmittelbaren Staatsbankrott. (Quelle: Frankfurter Rundschau)
Unternehmen im DACH-Raum: Anhaltender Druck, aber vorsichtiger Optimismus
Laut einer aktuellen Studie der ERA Group in Kooperation mit dem Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik (BME) sieht sich fast jedes zweite Unternehmen im DACH-Raum stark unter Druck, teilweise sogar „existenzbedrohend“. Hauptgründe sind hohe Energiekosten, überbordende Bürokratie und volatile Märkte. Der Fokus der Unternehmen liegt derzeit auf operativer Stabilisierung, Effizienzsteigerung und Liquiditätssicherung, während Nachhaltigkeit und strategische Personalentwicklung vorübergehend zurückgestellt werden.
„Kostendruck und politische Unsicherheit zwingen Unternehmen zum Handeln – gleichzeitig entstehen neue Spielräume für Digitalisierung, Automatisierung und alternative Geschäftsmodelle“, so Matthias Droste, Country Manager DACH der ERA Group.
Die Mehrheit der Betriebe rechnet mit einer wirtschaftlichen Erholung ab dem Jahr 2026. Unternehmen fordern von der Politik vor allem Bürokratieabbau, verlässliche Energiepreise und planbare Rahmenbedingungen. Finanzielle Unterstützung wird hingegen kaum thematisiert, vielmehr steht der Wunsch nach unternehmerischer Gestaltungsfreiheit im Vordergrund.
- Fast jedes zweite Unternehmen sieht sich stark unter Druck
- Hauptprobleme: Energiekosten, Bürokratie, volatile Märkte
- Erholung wird ab 2026 erwartet
- Forderungen: Bürokratieabbau, stabile Energiepreise, Planbarkeit
Infobox: Die wirtschaftliche Lage bleibt angespannt, doch viele Unternehmen hoffen auf eine Erholung ab 2026 und fordern von der Politik vor allem stabile Rahmenbedingungen. (Quelle: verkehrsrundschau.de)
Selbstkritik aus der Wirtschaft: Rufen Unternehmen zu schnell nach staatlicher Hilfe?
Susanne Herre, Hauptgeschäftsführerin der IHK Region Stuttgart, kritisiert, dass Unternehmen in Krisenzeiten zu schnell nach staatlicher Unterstützung rufen. Sie sieht eine „Vollkasko-Mentalität“, die sich seit der Corona-Krise verstärkt habe. Herre betont, dass Unternehmer in erster Linie selbst Verantwortung übernehmen und nicht auf politische Lösungen warten sollten. Dennoch begrüßt sie den sogenannten Wachstumsbooster der Bundesregierung, der Investitionen durch bessere Abschreibungsmöglichkeiten und ein gesenktes Körperschaftsteuerniveau anreize.
„Unternehmer sind in allererste Linie aufgefordert, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen“, so Herre im SWR-Videopodcast „Zur Sache! intensiv“.
Kritik äußert Herre an der Entscheidung der Bundesregierung, die Stromsteuer nur für das produzierende Gewerbe und die Landwirtschaft zu senken. Branchen wie die Lebensmittelbranche oder Gastronomie, die ebenfalls hohe Energiekosten haben, profitieren nicht davon. Die IHK Region Stuttgart vertritt 175.000 Mitgliedsunternehmen.
- Kritik an schneller Forderung nach staatlicher Hilfe
- Wachstumsbooster als wichtige Maßnahme begrüßt
- Kritik an eingeschränkter Stromsteuersenkung
Infobox: Die IHK fordert mehr Eigenverantwortung der Unternehmen und kritisiert die selektive Entlastung bei der Stromsteuer. (Quelle: SWR)
USA: Trump kündigt neue Zölle für sechs weitere Länder an
US-Präsident Trump hat die Regierungen von sechs weiteren Ländern schriftlich über die Einführung von Zollaufschlägen zwischen 20 und 30 Prozent informiert. Details zu den betroffenen Ländern oder Produkten wurden in der Meldung nicht genannt.
- Zollaufschläge zwischen 20 und 30 Prozent angekündigt
- Sechs weitere Länder betroffen
Infobox: Die USA setzen unter Präsident Trump ihre protektionistische Handelspolitik fort und erhöhen die Zölle für weitere Länder. (Quelle: Deutschlandfunk)
Einschätzung der Redaktion
Die neuen EU-Regeln für die Wasserstoffwirtschaft markieren einen wichtigen Schritt in Richtung Dekarbonisierung und Investitionssicherheit. Die ambitionierte Zielsetzung, die CO2-Bilanz von Wasserstoff um mindestens 70 Prozent gegenüber fossilen Brennstoffen zu senken, setzt ein klares Signal für den Wandel im Energiesektor. Die Senkung der Standardwerte für Treibhausgasausstoß bei der Gasförderung zeigt, dass regulatorische Anpassungen möglich sind, um die Akzeptanz in der Industrie zu erhöhen.
Allerdings bleibt die praktische Umsetzung eine Herausforderung: Die Kritik der Branchenverbände an bürokratischen Hürden und starren Berichtspflichten ist ein ernstzunehmender Hinweis darauf, dass die Balance zwischen Klimaschutz und wirtschaftlicher Machbarkeit noch nicht gefunden ist. Die ausstehende Entscheidung zur Anerkennung von Wasserstoff aus Atomstrom verdeutlicht zudem, dass zentrale Fragen der Energiepolitik weiterhin offen sind und Unsicherheiten für Investoren bestehen.
Die EU steht damit vor der Aufgabe, die Rahmenbedingungen so weiterzuentwickeln, dass sie sowohl ambitionierte Klimaziele als auch die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie gewährleisten. Nur wenn die Regularien praxistauglich und flexibel gestaltet werden, kann der Wasserstoffhochlauf gelingen und Europa eine Vorreiterrolle im globalen Energiemarkt einnehmen.
- Ambitionierte Klimaziele und Investitionssicherheit stehen im Fokus
- Bürokratische Hürden und offene Fragen zur Technologieauswahl bleiben kritisch
- Erfolg hängt von praxistauglicher und flexibler Ausgestaltung der Regeln ab
Quellen:
- Ein „Rettungsring“ der EU für die Wasserstoff-Wirtschaft
- Gas-Einbußen schaden Russlands Wirtschaft – Putin zapft eiserne Reserve an
- Wirtschaft vor acht
- Wirtschaft: Unternehmen stehen weiter unter Druck
- Wirtschaft in der Krise: Fordern Firmen zu schnell Hilfe von der Politik?
- Wirtschaft - Trump veröffentlicht Zoll-Briefe an sechs weitere Länder