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Der deutsche Mittelstand zieht sich zunehmend aus dem Auslandsgeschäft zurück, die Berliner Wirtschaft bleibt ohne Aufbruchssignale und Russlands Regierung verschärft die Kontrolle über die heimische Industrie. Gleichzeitig profitiert die deutsche Holzwirtschaft vom Zollstreit zwischen den USA und Kanada, während steigende Preise und geopolitische Unsicherheiten die Schlagzeilen bestimmen. Ein Überblick über die aktuellen Entwicklungen und ihre wirtschaftlichen Folgen.
Viele Mittelständler ziehen sich aus Auslandsgeschäft zurück
Die Zahl der im Ausland aktiven deutschen Mittelständler ist deutlich gesunken. Laut einer Analyse der KfW waren 2022 noch rund 880.000 der etwa 3,8 Millionen Mittelständler im Ausland tätig, 2023 waren es nur noch 763.000. Der Anteil grenzüberschreitend tätiger Mittelständler fiel damit von rund 23 auf 20 Prozent und liegt unter dem langjährigen Durchschnitt vor der Corona-Krise. KfW-Chefvolkswirt Dirk Schumacher führt dies auf verschlechterte Rahmenbedingungen zurück: „Anhaltende geopolitische Spannungen in der Ukraine und im Nahen Osten, eine wachsende Exportkonkurrenz durch China in wichtigen Schlüsselindustrien und die protektionistische Handelspolitik der USA belasten die Exportfähigkeit der Unternehmen.“
Eine Sonderbefragung der KfW im Januar 2025 zeigt, dass sich die schwache Entwicklung fortsetzt: 21 Prozent der im Ausland aktiven Mittelständler berichteten 2024 über wachsende Auslandsumsätze, 25 Prozent über sinkende Umsätze. Besonders groß sind die Sorgen bei Firmen mit Geschäftsbeziehungen in die USA – derzeit gut 16 Prozent der deutschen Mittelständler. Von ihnen befürchten 34 Prozent eher negative und weitere 9 Prozent sehr negative Folgen der neuen US-Politik. Die wichtigsten Absatzmärkte bleiben Europa, insbesondere Österreich, die Schweiz, die Beneluxstaaten und Frankreich. Die verbliebenen Unternehmen konnten den Anteil des Auslandsgeschäfts am Gesamtumsatz auf 29 Prozent ausbauen, dennoch sanken die Auslandsumsätze des deutschen Mittelstands leicht auf 698 Milliarden Euro. (Quelle: SZ.de)
Jahr | Im Ausland aktive Mittelständler | Anteil | Auslandsumsatz |
---|---|---|---|
2022 | 880.000 | 23 % | - |
2023 | 763.000 | 20 % | 698 Mrd. € |
- Rückgang der im Ausland aktiven Mittelständler um 117.000 Unternehmen
- Wachsende Unsicherheit durch geopolitische Spannungen und US-Handelspolitik
- Wichtigste Absatzmärkte: Österreich, Schweiz, Benelux, Frankreich
Infobox: Der deutsche Mittelstand zieht sich zunehmend aus dem Auslandsgeschäft zurück. Hauptgründe sind geopolitische Unsicherheiten, Konkurrenz aus China und protektionistische Maßnahmen der USA. (Quelle: SZ.de)
Berliner Wirtschaft: Das Gegenteil von Aufbruchsstimmung
In Berlin ist von einer wirtschaftlichen Aufbruchsstimmung derzeit nichts zu spüren. Neue Impulse der Merz-Regierung konnten bislang keine Trendwende einleiten. Im Gegenteil: Die Stimmung in der Berliner Wirtschaft verschlechtert sich weiter. (Quelle: Berliner Morgenpost)
Infobox: Trotz politischer Veränderungen bleibt die wirtschaftliche Lage in Berlin angespannt, eine Trendwende ist nicht in Sicht. (Quelle: Berliner Morgenpost)
Russlands Wirtschaft: Neues Putin-Dekret ein düsteres Vorzeichen für die Nato
Russlands Präsident Wladimir Putin hat am 30. Mai ein neues Dekret unterzeichnet, das der Regierung erlaubt, Aktionärsrechte von Rüstungsunternehmen zu widerrufen, wenn diese während des Kriegsrechts staatliche Verteidigungsaufträge nicht erfüllen. Das russische Ministerium für Industrie und Handel kann dann eine Verwaltungsgesellschaft als alleiniges Leitungsorgan einsetzen. Die Regelung gilt für zivile Luftfahrt- und Schiffbauunternehmen, Firmen der militärischen Entwicklung und Produktion sowie staatliche Subunternehmen.
Experten des Institute for the Study of War (ISW) ordnen das Dekret als Vorbereitung auf eine mögliche Ausrufung des Kriegsrechts ein, um die Wirtschaft und Gesellschaft auf einen langwierigen Krieg einzustellen. Die russische Wirtschaft ist bereits stark auf den Krieg ausgerichtet. Analystin Elina Ribakova sieht die Gefahr, dass Putin die Militarisierung der Wirtschaft weiter vorantreibt, da ein wirtschaftlicher Zusammenbruch droht. Die Ausrufung des Kriegsrechts würde die direkte Steuerung der Wirtschaft durch den Kreml erleichtern. (Quelle: Merkur)
- Neues Dekret ermöglicht staatliche Kontrolle über Rüstungsunternehmen bei Nichterfüllung von Aufträgen
- Vorbereitung auf langwierigen Krieg und mögliche Ausweitung auf Nato-Mitglieder
- Russische Wirtschaft bereits stark militarisiert
Infobox: Putins neues Dekret schafft die rechtlichen Voraussetzungen für eine umfassende staatliche Kontrolle der Rüstungsindustrie im Kriegsfall. Experten sehen darin ein Signal für eine weitere Eskalation und eine langfristige Ausrichtung auf Krieg. (Quelle: Merkur)
Deutsche Holzwirtschaft profitiert vom US-Zollstreit mit Kanada
Deutschland ist nach Kanada der wichtigste Exporteur von Bauholz in die USA. Der Zollstreit zwischen den USA und Kanada hat die Nachfrage nach deutschem Holz steigen lassen. Laut dem Dachverband der Säge- und Holzwirtschaft werden in den USA jährlich etwa 115 bis 120 Millionen Kubikmeter Bauholz benötigt. Kanada liefert rund 30 Millionen Kubikmeter, Deutschland etwa zwei Millionen. Die Einführung von Zöllen auf kanadisches Nadelholz hat das Angebot in den USA verknappt und verteuert. Die Investmentbank UBS schätzt, dass die Zölle den Bau eines durchschnittlichen Hauses in den USA um 6.400 Dollar verteuern.
Die deutsche Holzwirtschaft sieht darin eine Chance, die Versorgungslücke zu schließen. Sägewerksbetreiber berichten von verstärktem Interesse am US-Markt. Allerdings prüft das US-Handelsministerium, ob Holz aus Deutschland ein Sicherheitsrisiko für die US-Wirtschaft darstellt. Innerhalb von 270 Tagen soll ein Bericht mit Handlungsempfehlungen vorgelegt werden. Deutschland ist der größte Produzent für Bauholz in Europa und weltweit an fünfter Stelle. Die Bundeswaldinventur zeigt, dass mehr Wald nachwächst als entnommen wird. (Quelle: tagesschau.de)
Land | Exportmenge in die USA (Mio. m³) |
---|---|
Kanada | 30 |
Deutschland | 2 |
- US-Zölle auf kanadisches Holz verteuern Hausbau um 6.400 Dollar
- Deutsche Holzwirtschaft profitiert von gestiegener Nachfrage
- Deutschland ist größter Bauholzproduzent Europas
Infobox: Die deutsche Holzwirtschaft profitiert vom US-Zollstreit mit Kanada und kann ihre Exporte in die USA ausbauen. Die Preise für Bauholz steigen, während die USA ihre Abhängigkeit von Importen prüfen. (Quelle: tagesschau.de)
Russlands Wirtschaft unter Sanktions-Druck – Putin greift in Rentenkasse
Russlands Wirtschaft leidet unter westlichen Sanktionen und Rekord-Zinsen, die Investitionen erschweren. Präsident Putin greift offenbar auf den russischen Wohlfahrtsfonds zurück, der eigentlich das Pensionssystem finanziert. Medienberichten zufolge sollen 2025 etwa 4,8 Milliarden Euro aus den Reserven entnommen werden, um das Haushaltsdefizit auszugleichen, das sich im Laufe des Jahres verdreifachen soll. Die Lösung gilt als kurzfristig, da der Fonds bereits angegriffen ist.
Experten warnen, dass der russische Staatsfonds seine liquiden Mittel schnell verlieren könnte, sollte der Ölpreis unter 50 US-Dollar pro Barrel fallen. Die G7-Länder haben einen Ölpreisdeckel von 60 US-Dollar pro Barrel für russische Exporte eingeführt. Sinkende Ölpreise erhöhen den Druck auf den Kreml, neue Finanzierungsquellen zu finden. Innerhalb der Bevölkerung wächst die Sorge, dass der Staat auf weitere Ersparnisse zugreifen könnte. (Quelle: Frankfurter Rundschau)
- Putin plant 2025 Entnahme von 4,8 Milliarden Euro aus dem Wohlfahrtsfonds
- Haushaltsdefizit soll sich verdreifachen
- Ölpreisdeckel der G7-Länder setzt russische Wirtschaft zusätzlich unter Druck
Infobox: Russlands Wirtschaft steht unter massivem Sanktionsdruck. Die Regierung greift auf den Wohlfahrtsfonds zurück, um das Haushaltsdefizit zu decken. Sinkende Ölpreise verschärfen die Lage. (Quelle: Frankfurter Rundschau)
Weitere Wirtschaftsmeldungen vom 02.06.2025
- DHL erhöht die Preise für bestimmte Paket-Sendungen. Am deutschen Paketmarkt ist DHL Marktführer, die Preise für Briefe und Pakete sind in den vergangenen Jahren schrittweise gestiegen. (Quelle: Tagesspiegel)
- Der Kaffeepreis steigt deutlich stärker als die Inflation. Trotz steigender Preise wird in Deutschland immer mehr Kaffee eingeführt. (Quelle: Tagesspiegel)
- Sanofi kauft eine US-Pharmafirma für 9 Milliarden Dollar, um das Arzneiangebot zu erweitern. (Quelle: Tagesspiegel)
- Der Handelsstreit zwischen den USA und China verschärft sich erneut, wenige Wochen nach einer Einigung auf einen vorläufigen Zollabbau. Peking kritisiert neue KI-Restriktionen. (Quelle: Tagesspiegel)
- Laut einer aktuellen Umfrage plant fast ein Drittel der Befragten 2025 weniger oder kürzere Urlaube. Nur zehn Prozent wollen mehr verreisen als im Vorjahr. (Quelle: Tagesspiegel)
Infobox: Die Wirtschaftsnachrichten vom 2. Juni 2025 zeigen steigende Preise, anhaltende Unsicherheiten im Außenhandel und strategische Übernahmen in der Pharmabranche. (Quelle: Tagesspiegel)
Einschätzung der Redaktion
Der Rückzug zahlreicher Mittelständler aus dem Auslandsgeschäft ist ein Warnsignal für die Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft der deutschen Wirtschaft. Die zunehmende Unsicherheit durch geopolitische Spannungen, verschärfte Exportkonkurrenz und protektionistische Maßnahmen erschwert nicht nur die Erschließung neuer Märkte, sondern gefährdet auch bestehende internationale Geschäftsbeziehungen. Besonders kritisch ist, dass gerade mittelständische Unternehmen als Rückgrat der deutschen Exportwirtschaft gelten und ihre internationale Präsenz maßgeblich zur Stabilität und zum Wachstum beitragen. Der anhaltende Rückgang könnte langfristig zu einem Verlust an Marktanteilen, Know-how und Wertschöpfung führen. Ohne gezielte politische und wirtschaftliche Unterstützung droht eine strukturelle Schwächung des Mittelstands, die sich negativ auf Beschäftigung, Innovation und die gesamte Volkswirtschaft auswirken kann.
- Rückzug des Mittelstands aus Auslandsmärkten schwächt die Exportnation Deutschland
- Wachsende Unsicherheiten und Handelsbarrieren gefährden die internationale Wettbewerbsfähigkeit
- Langfristige Folgen für Innovation, Beschäftigung und Wertschöpfung sind zu erwarten
Quellen:
- Außenhandel - Viele Mittelständler ziehen sich aus Auslandsgeschäft zurück - Wirtschaft
- Berliner Wirtschaft: Das Gegenteil von Aufbruchsstimmung
- Russlands Wirtschaft: Neues Putin-Dekret ein düsteres Vorzeichen für die Nato
- Deutsche Holzwirtschaft profitiert vom US-Zollstreit mit Kanada
- Russlands Wirtschaft unter Sanktions-Druck – Putin greift in Rentenkasse
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