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Die deutsche Wirtschaft verzeichnet nach langer Durststrecke ein leichtes Wachstum, doch die Aussichten bleiben getrübt: Neue Zölle aus den USA, stagnierende Prognosen und strukturelle Herausforderungen setzen Unternehmen und Politik unter Druck. Wer wissen will, wie sich Konjunktur, Inflation und internationale Handelskonflikte auf Deutschlands Wirtschaftslage auswirken und welche Branchen dennoch positive Impulse setzen, findet im aktuellen Pressespiegel die wichtigsten Hintergründe und Entwicklungen.
Deutsche Wirtschaft: Leichtes Wachstum, aber düstere Aussichten
Im ersten Quartal 2025 ist die deutsche Wirtschaft nach zwei Jahren Rezession zwar leicht gewachsen. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes stiegen sowohl die privaten Konsumausgaben als auch die Investitionen im Vergleich zum Vorquartal. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) legte um 0,2 Prozent zu, nachdem es im Schlussquartal 2024 preisbereinigt noch ein Minus von 0,2 Prozent gegeben hatte. Trotz dieser Hoffnungsschimmer bleibt die Lage angespannt, insbesondere aufgrund der Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump, die die Ausgangslage für die kommenden Monate grundlegend verändert hat.
Die Bundesregierung hat ihre Konjunkturprognose für das laufende Jahr auf null gesenkt. Im Januar war noch ein Plus von 0,3 Prozent erwartet worden. Auch der Internationale Währungsfonds (IWF) rechnet mit keinem Wachstum für Deutschland und sieht eine globale Wachstumsflaute voraus. Bundesbank-Präsident Joachim Nagel hält im besten Fall eine Stagnation für möglich, schließt aber eine leichte Rezession nicht aus. Die exportstarke deutsche Wirtschaft ist von Trumps Zolloffensive besonders betroffen: 2024 wurden Waren im Wert von rund 253 Milliarden Euro zwischen Deutschland und den USA gehandelt, davon exportierten deutsche Firmen Waren im Wert von gut 161 Milliarden Euro in die USA, was gut zehn Prozent aller Exporte entspricht.
Jahr | Inflationsrate | BIP-Wachstum | EZB-Einlagezins |
---|---|---|---|
2022 | 6,9 % | - | - |
2023 | 5,9 % | - | - |
2024 | 2,2 % | -0,2 % (Q4) | 2,25 % |
2025 (Q1) | 2,2 % (März) | +0,2 % (Q1) | 2,25 % |
Die Europäische Zentralbank hat den Leitzins im Euroraum auf 2,25 Prozent gesenkt und könnte ihn im Sommer weiter senken, was für Sparer sinkende Zinsen bedeuten würde. Das Ifo-Institut rechnet damit, dass die Teuerungsrate in den kommenden Monaten über der Marke von 2,0 Prozent bleiben wird. Während Schlüsselindustrien wie Auto und Maschinenbau schwächeln, profitieren Banken und Versicherungen vom gestiegenen Zinsniveau. Die Pharmabranche zieht Milliarden-Investitionen aus dem Ausland an, und der Softwarekonzern SAP erzielte einen Gewinnsprung. Der Tourismus verbuchte 2024 ein Rekordjahr.
„Die wirtschaftliche Lage in Deutschland dürfte angespannt bleiben, insbesondere wegen der handelspolitischen Entwicklungen und den damit verbundenen Unwägbarkeiten“, prognostiziert Geraldine Dany-Knedlik, Konjunkturchefin des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW).
- Die Bundesregierung plant bessere Abschreibungsmöglichkeiten für Unternehmen, Senkung von Energiekosten und Unternehmenssteuern, Flexibilisierung des Arbeitsrechts und Bürokratieabbau.
- Beim Ausbau der erneuerbaren Energien sollen Kosten sinken.
- Die EU hat geplante Gegenzölle ausgesetzt, Trump stellt Autoherstellern Zollausnahmen in Aussicht.
Infobox: Die deutsche Wirtschaft steht vor dem dritten Jahr ohne Wachstum in Folge. Die wichtigsten Belastungen sind die aggressive US-Zollpolitik, Unsicherheiten auf den Märkten und ein gestiegenes Preisniveau. Hoffnung besteht auf eine Beilegung des Zollstreits und Impulse durch staatliche Investitionen. (Quellen: Zeit Online, Merkur)
Gewerkschaften in NRW fordern Tariftreuegesetz
Am 1. Mai 2025 plant der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) in Nordrhein-Westfalen rund 70 Veranstaltungen, bei denen Zehntausende Teilnehmer erwartet werden. Im Mittelpunkt steht die Forderung nach einem Tariftreuegesetz, das vorsieht, öffentliche Aufträge künftig nur an Unternehmen zu vergeben, die nach Tarif bezahlen. Die schwarz-grüne Landesregierung wird aufgefordert, jetzt zu handeln. DGB-Landeschefin Anja Weber betont, dass nur noch 51 Prozent der NRW-Arbeitnehmer mit einem Tarifvertrag arbeiten. Sie kritisiert, dass die Politik zu lange weggeschaut habe und fordert mehr Engagement für eine umfassende Tarifbindung.
Bei der zentralen Veranstaltung in Siegburg wird Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) als Redner erwartet. Die DGB-Landesvorsitzende Ayla Çelik fordert zudem mehr Geld für Schulen und Kitas, da dort der Fach- und Lehrkräftemangel sowie kaputte Gebäude und eine sich verschärfende Chancenungleichheit besonders deutlich werden. Die Veranstaltungen stehen unter dem Motto „Mach dich stark mit uns“. Auch andere Politiker wie Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne), Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) und Gregor Gysi (Die Linke) werden zu den Kundgebungen erwartet.
- Forderung nach Tariftreuegesetz für NRW
- Nur noch 51 % der Arbeitnehmer in NRW arbeiten mit Tarifvertrag
- Mehr Geld für Schulen und Kitas gefordert
- Rund 70 Veranstaltungen am 1. Mai in NRW
Infobox: Die Gewerkschaften in NRW erhöhen den Druck auf die Landesregierung für ein Tariftreuegesetz und fordern mehr Investitionen in Bildung und Infrastruktur. (Quelle: SZ.de)
Stromausfall kostet spanische Wirtschaft 1,6 Milliarden Euro
Ein massiver Stromausfall in Spanien und Portugal hat die Wirtschaft schwer getroffen. Die spanische Wirtschaftslobby CEOE schätzt, dass der Ausfall das Bruttoinlandsprodukt um 1,6 Milliarden Euro oder 0,1 Prozent schmälern wird. Besonders betroffen war die Fleischindustrie, die ihre Verluste auf bis zu 190 Millionen Euro beziffert, unter anderem wegen ausgefallener Kühlschränke. In einigen Regionen Spaniens dauerte der Stromausfall mehr als 12 Stunden. Die Ölraffinerien könnten eine Woche oder länger benötigen, um den Betrieb wieder vollständig aufzunehmen, und einige Industrieöfen wurden beschädigt.
Die Produktion im Volkswagenwerk in Navarra, in dem 4.600 Menschen arbeiten, wurde am Dienstagnachmittag wieder aufgenommen, nachdem der Stromausfall die Produktion von 1.400 Autos verhindert hatte. Bei SEAT in Barcelona mit 14.000 Mitarbeitern verzögerte sich der Wiederanlauf der Produktion. Die Tourismusbranche blieb weitgehend verschont, obwohl der Ausfall der Telekommunikation eine „sehr komplizierte Situation“ geschaffen habe.
Schaden | Betrag |
---|---|
Gesamtschaden für die Wirtschaft | 1,6 Mrd. Euro |
Schaden Fleischindustrie | 190 Mio. Euro |
Produktionsausfall Volkswagen Navarra | 1.400 Autos |
Infobox: Der Stromausfall in Spanien und Portugal verursachte einen wirtschaftlichen Schaden von 1,6 Milliarden Euro. Besonders betroffen waren Industrie und Fleischwirtschaft, während der Tourismus weitgehend verschont blieb. (Quelle: Manager Magazin)
Österreich: Internationale Experten raten von Lohnsenkungen ab
In Österreich fordern Ökonomen Lohnzurückhaltung, während die Industrie für niedrigere Lohnnebenkosten lobbyiert. Internationale Experten, insbesondere der Internationale Währungsfonds (IWF), sehen diese Maßnahmen jedoch kritisch. Der IWF rät, die wirtschaftliche Transformation zuzulassen und von Staatshilfen Abstand zu nehmen. Die USA haben einen Handelskrieg begonnen, der ihnen vermutlich selbst mehr schadet als anderen Ländern. China steckt weiterhin in einer Immobilienkrise und kämpft gegen Deflation, was zu einer hohen Sparquote und geringer Konsumneigung führt.
Obwohl auch andere Weltregionen mit Problemen kämpfen, sticht die schwache wirtschaftliche Entwicklung in Europa besonders hervor. Die Empfehlungen internationaler Experten gehen dahin, strukturelle Veränderungen zuzulassen, anstatt auf kurzfristige Lohnsenkungen oder staatliche Eingriffe zu setzen.
- IWF empfiehlt Transformation und Verzicht auf Staatshilfen
- Handelskrieg der USA belastet die Weltwirtschaft
- China kämpft mit Immobilienkrise und Deflation
- Europa zeigt besonders schwache wirtschaftliche Entwicklung
Infobox: Internationale Experten raten Österreich, auf Lohnsenkungen und Staatshilfen zu verzichten und stattdessen die wirtschaftliche Transformation zuzulassen. (Quelle: derStandard.de)
Einschätzung der Redaktion
Die aktuelle Entwicklung der deutschen Wirtschaft unterstreicht die hohe Anfälligkeit für externe Schocks und die strukturellen Schwächen des exportorientierten Modells. Die geringe Wachstumsdynamik trotz einzelner Lichtblicke signalisiert, dass kurzfristige Erholungen nicht ausreichen, um die fundamentalen Herausforderungen zu überwinden. Die Abhängigkeit von internationalen Märkten, insbesondere den USA, macht die deutsche Wirtschaft besonders verwundbar gegenüber protektionistischen Maßnahmen und globalen Unsicherheiten.
Die Senkung der Konjunkturprognose auf null und die Aussicht auf ein drittes Jahr ohne Wachstum verdeutlichen den Handlungsdruck für Politik und Unternehmen. Die angekündigten Maßnahmen zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und zur Entlastung der Unternehmen sind notwendig, werden aber nur dann Wirkung entfalten, wenn sie konsequent und zügig umgesetzt werden. Gleichzeitig bleibt die Gefahr bestehen, dass geopolitische Risiken und eine schwache globale Nachfrage die Erholung weiter verzögern.
Die strukturelle Transformation, insbesondere in Schlüsselindustrien, ist unausweichlich. Investitionen in Zukunftstechnologien, Digitalisierung und erneuerbare Energien sind entscheidend, um die Wettbewerbsfähigkeit langfristig zu sichern. Ohne eine klare Strategie zur Diversifizierung der Exportmärkte und zur Stärkung der Binnennachfrage droht die deutsche Wirtschaft in einer Phase anhaltender Stagnation zu verharren.
- Die deutsche Wirtschaft steht vor einer strukturellen Bewährungsprobe.
- Externe Risiken und fehlende Wachstumsimpulse erhöhen den Reformdruck.
- Langfristige Wettbewerbsfähigkeit erfordert entschlossene Investitionen und Transformation.
Quellen:
- Dauerkrise: Kein Aufschwung in Sicht: Schrumpft die Wirtschaft erneut?
- Tariftreuegesetz im Fokus - Zehntausende zu Demos der Gewerkschaften in NRW erwartet - Wirtschaft
- Wirtschaft vor acht
- Retten niedrigere Lohnkosten Österreichs Wirtschaft? Internationale Experten haben ganz andere Vorschläge
- Stromausfall soll spanische Wirtschaft rund 1,6 Milliarden Euro gekostet haben
- Kein Aufschwung in Sicht: Schrumpft die Wirtschaft erneut?